14. Mai 2022

Tour auf den Freienstein

Kurz nach 08:00 Uhr geht meine Schlafzimmertür auf und ich werde vom Zwerg mit einem fröhlichen „Kai aufstehen!“ geweckt. Das macht er so süß und wird das die restlichen Tage auch so beibehalten, dass fast keine echte Morgenmuffeligkeit bei mir aufkommt. Meine drei Lieblingsmenschen werden sich heute übrigens alleine in die Nähe von Salzburg absetzen um dort eine Freundin zu besuchen. Ich selber werde eine Wanderung auf den Freienstein machen. Einen 1277 m hohen Berg direkt vor der Haustür. Die Tourenbeschreibungen sprechen von einer Wanderung voller Überraschungen. Mit steilen waldigen Anstiegen, einer Drahtseilversicherten Steilstufe, einem schmalen Grat, teilweise auch mit Sicherungen versehen, einem traumhaften Blick vom Gipfel und von Almwiesen im Abstieg. Das ganze bei charmanten 530 HM im Auf- und Abstieg, bei einer Länge von etwa 11 Kilometern. Na wenn das nicht nach einer schönen ersten Tour klingt.  

 

Erfreulicherweise scheinen meine Schulter und mein Arm, nach den üblichen Wehwehchen am Morgen, heute keine großartigen Probleme machen zu wollen. Ganz im Gegenteil, die leichten Schmerzen lassen während der ersten Stunde der Tour erfreulicherweise sogar nach und verschwinden ganz. Gut gelaunt, bei bestem Wetter, geht es prima voran. Nach knapp 1 ¼ Stunden lege ich eine kurze Pause ein, weil ich eine Kleinigkeit essen möchte. Frühstücksmuffelig wie ich morgens bin, habe ich wieder etwas zu wenig gegessen. Das ist nichts Neues zu Beginn von Wander- oder Trekkingurlauben und gibt sich nach einiger Zeit. Kurz nachdem ich den Rucksack abgenommen habe und mich auf eine Bank, mit schöner Aussicht, gesetzt habe, fängt der rechte Arm übelst an zu schmerzen. Ich habe nicht die geringste Ahnung warum, pendele zwischen Verwunderung und Verzweiflung und gehe kurz danach, immer noch mit Schmerzen, weiter. 

 

Nach etwa 30 Minuten erreiche ich die Drahtseilversicherte Steilstufe. Während ich zwei junge Frauen, die mir entgegenkommen, absteigen lasse überlege ich ob ich das Risiko eines Aufstiegs, mit einem, wenn auch wieder weniger, aber immer noch schmerzenden, Arm eingehen kann. Nach einem kurzen Smalltalk mit den beiden Wanderinnen beschließe ich, dass der Rest des Weges bis zum Gipfel und auch wieder zurück, für mich ohne Risiko machbar ist. Ich genieße die kurze Kletterpassage und später dann auch die ausgesetzten Stellen am Grat. Kurz vor dem Gipfel lotse ich noch ein Ehepaar auf den Steig zurück und verhindere so, dass diese sich in unwegsames Gelände versteigen.

 

Am Gipfel angekommen genieße ich die wirklich tolle Aussicht. Die Tourenbeschreibungen haben hier wirklich nicht zu viel versprochen. Mein Blick wandert von den Tälern, zu den Schladminger Tauern und zum Stoderzinken. Und das erste mal sehe ich nun auch die Zipline vom Stoderzinken, mit der ich ja in ein paar Tagen selber fliegen möchte. Kurzfristig frage ich mich, ob es wirklich die beste Idee meines Lebens ist, mit dem Teil zu fliegen. Ich zweifele aber nur kurz daran und freue mich jetzt erst recht auf den Flug.

 

Einige Minuten später bin ich alleine auf dem Gipfel und nutze die Gelegenheit meine Schulter mit Schmerzgel einzureiben. Und natürlich, in dem Moment, in dem ich meine Schulter etwas dehne und leichte Schmerzenslaute von mir gebe, kommen, von der anderen Seite, eine Wanderin und ein Wanderer auf den Gipfel. Sofort wird sich erkundigt ob alle o.k. sei und ob man helfen könne. Ich bedanke mich für die angebotene Hilfe, teile aber mit, dass ich alles, wenn auch teilweise schmerzhaft, im Griff hätte. Im weiteren Gespräch stellt sich heraus, dass die beiden, ebenso wie ich, Geocacher sind und so suchen wir gemeinsam erfolgreich nach dem Cache, der hier versteckt ist. Die Beschreibung ist dann auch so eindeutig, das wir unseren Schatz, nach kurzer Zeit, in den Händen halten. Kurz bevor unsere Wege sich trennen, erreicht noch eine Wanderin mit Hund den Gipfel. Nach einem kurzen Plausch werde ich von ihr, auf Grund meiner Äußerung, in den nächsten Tagen mit der Ziplein fliegen zu wollen und der Tatsache, dass ich mit einer dezent angeschlagenen Schulter hier hoch bin, noch fix „Zum doppelt Bekloppten des Tages“ erkoren. Was aber durchaus neckend, anerkennend und nett gemeint ist.

 

Im Abstieg nehme ich die selbe Route wie beim Aufstieg, da ich den Alternativ-Abstieg nicht einschätzen kann und, angeschlagen wie ich bin, kein Risiko eingehen möchte. So genieße ich nochmal den tollen Grad und die kleine Felsstufe und setze dann meine Wanderung, die mich nun erst über Almengelände, später über einen befestigten Weg führt, ins Tal fort. Und weil ich noch etwas Zeit habe, bis meine Lieben auch wieder daheim sein werden, mache ich, zum Abschluss, noch einen kleinen Abstecher ins Dorf.

 

Eine wirklich schöne Wanderung zum genießen, die ich, wenn ich das nächste mal hier bin, nochmal gehen werde. Dann aber mit der alternativen Abstiegsvariante. Meine drei haben ihren Tag bei ihrer Freundin auch genossen und so beenden wir gut gelaunt den Tag und freuen uns auf die gemeinsame Tour morgen.