05. Juli 2021

Allgäu wir kommen

Ich werde wach, sortiere mich ein wenig vor mich hin, krieche aus den Zelt und stelle verwundert fest, dass es heute Nacht wohl geregnet haben muss. Nix von mitbekommen. Tief und fest geschlafen. Björn kommt auch schon aus dem Zelt und fragt mich was ich denn suchen würde, so wie ich in meinem Kochkram rumkrame. Meinen Kaffeebecher suche ich. Wo ist der hin? Der kann doch keine Beine bekommen haben. Björn wird etwas unruhig, weil er schon befürchtet einen Kai ohne zügige Kaffeeversorgung am morgen erleben zu müssen, als mir einfällt wo ich die Tasse das letzte mal bewusst wahrgenommen hatte. Gestern Abend am Ufer. Oh, habe ich da wohl, zwischen Seele baumeln lassen und quatschen, auf der Mauer stehen lassen. Ich gehe fix runter zum See und sehe meine Tasse tatsächlich da wo ich sie gestern abgestellt habe. Als ich die Tasse an mich nehme und mich sichtlich freue, dass sie noch da ist komme ich noch kurz mit anderen Campern ins Gespräch, die sich schon darüber wunderten warum da eine Tasse so alleine auf der Mauer steht. Und für die das völlig normal war, dass die Tasse da noch steht, es würde hier halt nix wegkommen.

 

Freudig komme ich mit meiner Tasse zu Björn zurück. Der freut sich auch das meine Tasse noch da ist, so ist schließlich eine problemlose Kaffeeversorgung gewährleistet und nach einem schnellen Frühstück bauen wir ab, checken aus und fahren zum Bahnhof in Lindau. Weil wir noch etwas Zeit haben bummeln wir noch mal durch den Hafen, machen Abschiedsfotos und steigen dann in den Zug nach Immenstadt. Meine Güte was freue ich mich auf Immenstadt. Endlich wieder Berge. Ja, natürlich, die Etappe am Bodensee war auch toll aber tendenziell etwas mehr freue ich mich wirklich auf den zweiten Teil unserer Tour. Dessen werde ich mir aber tatsächlich auch erst auf der Fahrt Richtung Berge bewusst.

 

Als wir in Immenstadt aussteigen, ich die Landschaft sehe, bin ich einfach nur glücklich. Wir beschließen direkt, die ca. 3 Kilometer, zum Campingplatz, am Großen Alpsee, zu gehen und dann später mit, dem Bus, zurück in die Innenstadt zu fahren, um durch Immenstadt zu bummeln und dort auch etwas zu essen. Mit jedem Schritt den ich hier mache fühle ich mich wohler und irgendwie daheim. Als wir den Campingplatz erreichen und in die Anmeldung gehen, ernten wir schon wieder Bewunderung, so wie wir aussehen. Der nette Herr, der unsere Anmeldung erledigt kann es kaum glauben, dass wir am Bodensee gestartet sind nun hier sind und noch weiter bis ins Kleinwalsertal wollen. Und das, obwohl wir ihm erzählt haben, dass wir von Lindau bis Immenstadt den Zug genommen haben. Er ist so beeindruckt, dass er das alles erst mal seiner Kollegin und seinem Kollegen erzählen muss. „Verrückte Buam, einfach verrückt die Buam“, meint er immer wieder. So einfach kann man eine Art Heldenstatus erlangen.

 

Wir suchen uns auf der Zeltwiese einen schönen Platz und sind auch hier, sofort die Zeltexoten. Außer uns, jede Menge Radwanderer mit Zelt, aber wir sind wirklich die einzigen die zu Fuß unterwegs sind. Und so kommen wir sofort mit Caravan-Campern ins Gespräch, die uns gegenüber aufgebaut haben und die sofort anbieten uns zu helfen, wenn wir irgendetwas bräuchten. Ich bin davon schon fast etwas überrascht. Der Campingplatz hier ist nämlich schon ein recht teurer Vertreter seiner Zunft und bietet Dinge wie eine Wellnessoase, Saunalandschaft und einen Infinity Pool. Eigentlich hatte ich wirklich eher damit gerechnet, dass wir hier von Besitzern mit hochpreisigen Campingcaravans und Wohnmobilen eher mitleidig belächelt würden. Dem ist aber ganz und gar nicht so. So kann man sich irren.

 

Wir beschließen mit dem Bus der Ringlinie, der Dank der „Allgäu-Walser-Card“ kostenlos ist, in die Innenstadt von Immenstadt zu fahren um dort etwas zu bummeln und später auch zu essen. Der freundliche Busfahrer sagt uns wo wir aussteigen müssen und so finden wir uns direkt im Zentrum wieder. Das strahlt das aus was ich erwartet habe. Den typischen Charme einer bayrischen Kleinstadt in den Bergen. Nach einem schönen Bummel entscheidenden wir uns dazu im „Bistro Relax“ einzukehren. Uns spricht die nett gemachte Außengastronomie an und die Speisekarte, die, von kleinen Gerichten bis zu Hauptgerichten, vieles zu bieten hat. Der Service ist hier super freundlich und die Qualität der Speisen wirklich gut. Hier stimmt tatsächlich einfach alles. Ich weiß jetzt schon, wo ich, wenn ich im September wieder in Immenstadt sein werde, einkehren werde.

 

Gut gesättigt und gut gelaunt gehen wir wieder zum Campingplatz zurück. Ein Bus fährt um diese Uhrzeit nämlich nicht mehr. Später vor den Zelten reden Björn und ich dann das erste mal offen über das, was uns seit ein paar Tagen, unabhängig voneinander, beschäftigt. Die sich abzeichnende Wetterentwicklung in Oberstdorf und dem Kleinwalsertal. Ab übermorgen wird für dort starker Regen und auch Gewitter vorhergesagt. Kurz, ein Wetter bei dem ich es einfach nicht verantworten könnte die geplanten Bergtouren dort zu gehen. Ohne die Bergtouren hätte die ganze Etappe wiederum keinen Sinn. Wir beschließen die Wetterentwicklung morgen noch mal anzuschauen und dann zu entscheiden, was wir machen würden.

 

Morgen geht es aber erst mal auf den Mittagberg, einem der Hausberge von Immenstadt. Schwesterlein, Schwager und Zwergi waren letztes Jahr in Immenstadt, haben die Tour auf den Mittag gemacht und so davon geschwärmt, dass ich die Tour unbedingt auch gehen möchte. Björn verzieht sich recht früh ins Zelt und ich gehe nochmal zum Großen Alpsee runter an dem unser Campingplatz direkt liegt. Ich setze mich auf einen Stein am Ufer und genieße die Ruhe und das umwerfende Panorama. Und während ich diese Stimmung genieße stelle ich mir, wie so oft, die Frage warum mich die Berge so einnehmen. Und wie so oft finde ich auch diesmal keine Antwort.

Spät in der Dunkelheit gehe ich zurück zu meinem Zelt, rolle mich in meinen Schlafsack und freue mich narrisch auf die Tour zum Mittag morgen.