30.Juni 2021

Über die Insel Mainau nach Unteruhldingen

Meine Güte, was für eine Nacht. So langsam bekomme ich das Gefühl unfreiwilliger Teilnehmer an einem Materialtest unserer Zelte zu sein. Die ganze Nacht über hat es gegossen, gestürmt und gewittert. Und auch wenn ich ja seit gestern weiß, dass unsere Zelte wirklich was aushalten können und mir um diese keine Sorgen mehr mache, ist so eine Nacht, in der man eher das Gefühl hat in der Bass Drum einer Speed-Metal-Band zu übernachten und nicht in einem Zelt, nicht wirklich erholsam. Dafür scheint jetzt, am frühen Morgen, die Sonne.

 

Ich bin früher wach als Björn, worüber ich auch froh bin. Morgenmuffelig bin ich ja eh, aber nach so einer Nacht bin ich so was wie der Vater aller Morgenmuffel. Da ist es ganz gut, wenn ich erst mal Mensch werde, bevor Björn mich erleben muss. Ich mache mir nen fixen Kaffee und gehe die paar Meter zum Seeufer um ihn dort in Ruhe zu genießen. Bei gutem Wetter, alleine mit meinem Kaffee, am Seeufer zu sitzen hilft ungemein dabei mich zu einem sozialkompatiblen Wesen zu machen. Nachdem ich mich selber als erträglich empfinde, die Enten in der kleinen Bucht nicht panisch bei meinem Anblick fliehen, gehe ich zu unseren Zelten zurück und finde dort auch Björn vor, der mittlerweile auch aus dem Schlafsack gekrochen ist. Björn findet es spitze, dass ich nicht da war, weil auch er, nach dieser Nacht, ein paar Minuten Anlaufruhe brauchte. Noch fix frühstücken und dann soll es auch schon losgehen. Mein Frühstück besteht aus einer Portion Müsli und untergemischter Trockenmilch. Ich habe mir daheim Tagesportionen abgewogen und diese dann jeweils in kleine Zip-Lock Beutel gefüllt, so dass ich die Portion morgens nur noch in eine Schale geben und mit Wasser aufgießen muss. Klappt erstaunlich gut und schmeckt fast wie mit frischer Milch. Ich unterhalte mich noch mit einer Familie, die mit ihrem 1,5 Jahre alten Zwergi auf großer Radtour um den See ist. Seitdem ich stolzer Zwergi-Onkel bin komme ich irgendwie immer in Gespräche mit Leuten die selber Zwergis haben. Leider haben die drei ein erhebliches Problem mit der Bremse eines ihrer Räder und hoffen, dass ihnen in Konstanz geholfen werden kann. Guter Dinge verabreden wir, uns heute Abend auf dem Platz in Birnau-Maurach zu treffen.

 

Nach dem Frühstück wird abgebaut, bezahlt und ausgescheckt, dabei bekommen wir von der Betreiberin noch Tipps für unsere weitere Strecke am See entlang und wir starten Richtung Insel Mainau. Die knapp 5 Kilometer bis zur Insel sind rasch zurückgelegt und schon stehen wir am Eingang. Wir fragen freundlich nach, ob es eine Möglichkeit gebe unsere Trekkingrucksäcke irgendwo abzustellen, da wir die Insel eigentlich ohne schwerem Gepäck erkunden wollen. Coraonabedingt gibt es diese Möglichkeit leider nicht. Dafür macht man uns das Angebot, dass wir uns zwei Rollstühle nehmen könnten um unser Gepäck bequemer über die Insel transportiert zu bekommen. Björn nimmt das Angebot dankend an, ich verzichte lieber darauf, da ich über meine mangelnden Fähigkeiten im Umgang mit Rollstühlen, dank meines Jobs, bescheid weiß.

 

Danach schauen wir uns den Plan der Insel an und suchen uns die Punkte heraus, die wir unbedingt besuchen möchten. Die ganze Insel würden wir uns nicht ansehen können, da wir ja danach noch ein gutes Stück Weg zum nächsten Campingplatz vor uns haben und diesen bis spätestens 18 Uhr erreicht haben müssen. Und da Björn heute noch mal einen aktuellen Schnelltest machen muss und wir nicht genau wissen wo die nächste Teststation in Unteruhldingen sein wird, wollen wir uns einen kleinen zeitlichen Puffer einbauen.

 

Mainau ist einfach nur schön und eine Freude für die Sinne. Anders kann ich es einfach nicht beschreiben. Überall gibt es etwas zu schauen, zu riechen und zu staunen. Mein Highlight war das Schmetterlingshaus und die Aussicht vom Standort des Schewedenturms. Ach und dann waren da ja noch die Mammutbäume und die schöne Schlossanlage mit ihrem Rosengarten. Kurz: Die Insel ist absolut einen Besuch wert und auch einen längeren als den unseren. Und so müssen wir dann, nach einigen Stunden, doch los und die Fähre nach Unteruhldingen nehmen.

 

Auf der Fähre beschließen wir dann noch, in Unteruhldingen eine Apotheke anzulaufen. Björn hat leichte Probleme mit der Achillessehne und wir beide hatten es verpeilt Diclofenac Salbe einzupacken. Außerdem habe ich das Kunststück geschafft mir in meinen Salewas eine Blase zu laufen. Eigentlich fast unmöglich, aber wenn man sich am Strand eine winzige Muschel am Fuß einsammelt und diese dann im Schuh landet, schafft man auch Dinge, die eigentlich nicht möglich sind. Ich habe zwar ein Päckchen gemischter Blasenpflaster aus meinem Erste Hilfe Set dabei, aber vorsichtshalber möchte ich mir doch noch ein Päckchen zusätzlich besorgen.

 

Wir genießen die kurze Fährfahrt und Björn sucht auf dieser schon mal die nächste Apotheke raus. Und wie sich herausstellt, liegt die mal so gar nicht auf unserem geplanten Weg. Gut, dass wir etwas mehr Zeit eingeplant haben. Auf dem Weg zur Apotheke kommen wir an einem Schnelltestzentrum vorbei und Björn nutzt die Chance sich testen zu lassen. Und kurz danach setzt dann etwas Chaos ein. Nein, das hat nichts mit Björns Testergebnis zu tun sondern damit, dass wir beide in eine heftige Diskussion über die unterschiedlichen Schnelltests geraten, uns dank eines, später schnell ausgeräumten, Missverständnisses, kurzfristig anzicken und es so nicht mitbekommen, dass GoogleMaps, über das Björn uns zur Apotheke lotsen möchte, einen für Fußgänger nicht gehbaren Weg geplant hat. Obwohl wir die Fußgängerfunktion genutzt haben. Nun stehen wir da. Ziemlich genau zwischen Campingplatz und der Apotheke. Und so langsam fließt uns doch die Zeit davon. Wir beschließen für heute Apotheke, Apotheke sein zu lassen und zum Platz zu wandern, bevor wir nun noch eine halbe Sprintetappe hinlegen müssen.

 

Bisher war das Wetter wirklich klasse, bis auf einen kleinen Schauer auf Mainau, perfektes Wanderwetter. Als wir den Campingingplatz Birnau-Maurach erreichen sagt uns der Blick in den Himmel aber, dass sich das bald ändern könnte. Auch hier werden wir freundlich begrüßt und bekommen einen schönen Platz. Unser Nachbar für diese Nacht ist ein sympathischer Berliner, der mit seinem Sohn auf großer Bodensee-Radtour ist. Leider ist die Familie mit der wir hier ja verabredet waren noch nicht da und wird auch nicht mehr erscheinen. Schade und nun ärgere ich mich doch darüber, dass wir vergessen hatten Telefonnummern auszutauschen. Noch mehr ärgert es mich allerdings, dass pünktlich zum Zeltaufbau, der Himmel mal wieder die Schleusen öffnet. Und ein Blick auf die Regenapp verspricht auch kein schnelles Ende. In den Zelten sitzend sind wir uns schnell einig, dass wir keine Lust haben, vor den Zelten, im Regen uns unsere Trekkingmahlzeiten zuzubereiten. Das Restaurant am Campingplatz wirkt auch irgendwie viel zu einladend. So beschließen wir dort zu essen, um zu erfahren, dass zur Zeit keine Plätze frei seien und wir uns bitte bis 20:00 Uhr, also noch knapp 1,5 Stunden gedulden mögen, dann könnten wir einen Tisch bekommen. Was sind schon 1,5 Stunden Wartezeit im Vergleich zu verregnetem Trekkingfutter?

 

Um es kurz zu machen, das warten hat sich gelohnt. Ich verputzte ein Jägerschnitzel mit hausgemachten Spätzle und Björn, ja Björn, was futtert der doch gleich? Egal, irgendetwas anderes leckeres. Und als Nachtisch gibt es dann die Spezialität des Hauses. Einen Flammkuchen, belegt mit Vanillepudding, Apfelringen, bestreut mit Zimt. Gutes Essen macht gute Laune und so tritt die absolut widersprüchliche Situation ein, dass wir gut gelaunt, bei üblem Regen, zu unseren Zelten gehen und den Tag beenden.